With the Sustainability Research Initiative, SCNAT, together with its sister institutions, promotes research on sustainable development and 2030 Agenda. It focuses on the joint handling of social issues of higher priority in overarching consortia.more

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Komplexe Bauaufgabe in geschützter Landschaft – Die Erweiterung der Chamanna Cluozza im Schweizerischen Nationalpark

In den letzten Jahren entstanden in den Alpenländern einige aufsehenerregende Neubauten von Schutzhütten, häufig geprägt vom Hightech und expressiven Formen wie etwa die Monte-Rosa-Hütte bei Zermatt, die Edelrauthütte in Südtirol oder die Seethalterhütte in Oberösterreich. Bauen im Hochgebirge geht aber auch anders, mit lokalen Materialien und anknüpfend an lokale Bautraditionen. In diese Reihe ordnet sich der neue Anbau der Chamanna Cluozza im Schweizerischen Nationalpark ein.

Chamanna Cluozza, Schweizerischer Nationalpark
Image: Hans Lozza/SNP

1910 wurde die Chamanna Cluozza im Auftrag der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (heute SCNAT) gebaut, als Blockhaus für Parkwächter mit einigen Schlafplätzen für Gäste, mit lokal vorgefundenem Lärchenholz. Die pragmatische Lösung des Zernezer Baumeisters Curdin Grass erwies sich überdies stilistisch als passend zur Nationalparkidee, die aus den Vereinigten Staaten stammt. Pionierhafte Blockbauten vermitteln auch dort lokalen Charme. Erst klein, wurde die Hütte im menschenleeren Val Cluozza schon bald erweitert und vergrössert. Was mit einem Schutzhäuschen begann, wurde mit der Selbstversorgerhütte, Schlafplätzen und weiteren Nebengebäuden erweitert, so dass mit der Zeit im Lärchenwald ein kleines Gebäudeensemble entstand. Mit der Zeit wurde vermehrt auf industrielle Baustoffe zurückgegriffen. 1993 fand die letzte Renovation statt.

Heute besuchen immer mehr Leute den Nationalpark. Die Hütte gehört zu den meistbesuchten Hütten der Schweiz. Der wachsende Komfortbedarf legte nahe, die Hütte zu erweitern, ausserdem stand die nächste Erneuerungswelle an und es kam der Wunsch nach mehr lokalen Baustoffen. Für die komplexe Bauaufgabe in geschützter Landschaft wurde ein Studienwettbewerb mit vier Bündner Büros veranstaltet. Capaul und Blumenthal Architekten aus Ilanz erhielten den Auftrag, die Hütte zu erweitern.

Mit dem neuen Personalhaus wurde das Gebäudeensemble kongenial weitergesponnen. Der in der Formensprache eindeutig heutige Strickbau-Turm auf minimaler Grundfläche ergänzt die bestehende Hütte. Die Architekten bringen das Personal neu in einem hinter der bestehenden Hütte platzierten Strickbau aus Lärchenholz unter und halten den Eingriff in die bestehende und organisch gewachsene Hütte bewusst klein. Der Umbau erfolgte im Sommer 2021 und wurde auch als Gelegenheit benutzt, vermehrt lokale Baustoffe anzuwenden. So sind die Dächer nun statt mit Eternit mit 30‘000 handgespaltenen und genagelten Lärchenschindeln bedeckt und sind Strickwände der ursprünglichen Blockhütte wurden wieder sichtbar gemacht. Ausserdem wurde bei der Renovation Sumpfkalk aus dem Kalkbrand im Feldofen Chalchera in Sur En da Sent eingesetzt und der Vorplatz mit Steinen aus der Umgebung gepflastert.

Der Gedanke der Nachhaltigkeit sollte auch beim Betrieb und bei der Bewirtung im Zentrum stehen. Auf dem Menu stehen Getränke und Speisen aus der Region und der Komfort für die Hüttengäste erfuhr nur unwesentliche Anpassungen, um die Energiebilanz nicht zu beeinträchtigen. Die Energieversorgung basiert auf einem Kleinstwasserkraftwerk und Photovoltaik, die Abwasserreinigung erfolgt vor Ort mit Wurmkompost und einem pflanzenbesetzten Klärbecken.

Der Umgang mit touristischen Strukturen in sensiblen Umgebungen ist eine wichtige Herausforderung des Bauens im Berggebiet, bei dem Landschafts- und Baukultur zugleich und gemeinsam gelebt werden sollen. Das renovierte und erweiterte Hüttenensemble im Nationalpark präsentiert sich als Musterstückchen für nachhaltiges Bauen in den Bergen und als Beitrag zu einer zukünftigen Kultur des Umgangs mit touristischen Infrastrukturen.

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